Ein Drittel: Ein Glückspiel um Privilegien
Aufmerksamkeit schaffen:
Konzeption, Umsetzung, Evaluation und Ausstellung einer interaktiven Installation, die Aufmerksamkeit und Spenden für „Wasser“- Hilfsprojekte generiert. Mit der Metapher des Glückspiels wird die ungleiche Verteilung von Wasser erlebt und Empathie gefördert.
Kontext:
- Semesterarbeit 2021
- Teamarbeit mit Lina Rieck
- Technische Unterstützung Y. Svakha
- Ausstellung: ThingsCon 2022, Rotterdam (NL)
// Challenge
Wasserkrise: Ein Drittel der Welt ohne sicheres Trinkwasser
Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht. Doch laut UN-Weltwasserbericht (2019) haben 2,2 – 3,6 Milliarden Menschen chronisch oder wiederkehrend keinen sicheren Zugang zu Trinkwasser und die Wasserkriese verschärft sich durch Übernutzung, Verschmutzung und Folgen des Klimawandels. 1,7 Billionen US-Dollar werden bis 2030 benötigt, um in 140 Ländern den Wasserzugang zu sichern. Dabei spielen Hilfsorganisationen eine zentrale Rolle für das Sammeln von Geldern und den Aufbau von Infrastruktur.
Empathie und Engangement für Hilfsprojekte fördern
Die Herausforderung besteht darin, in einer von Informationen überladenen Welt die Zielgruppe potenzieller Spender:innen zu erreichen, zu informieren und für die Unterstützung von Hilfsprojekte zu gewinnen. Dabei soll die Zielgruppe emotional angesprochen werden, indem ein Bewusstsein für das eigene Privileg des sicheren Zugangs zu Wasser geschaffen wird.
// Solution:
Rendering des Konzepts „Ein Drittel“ mit Blender
Wasserzugang erleben: Ein Spiel des Zufalls
Der Wasserspender „Ein Drittel“ ist eine Critical Design Installation, die als Werbeinstrument für gemeinnützige Vereine und Hilfsorganisationen im öffentlichen Raum wirken kann. In Analogie an einen Glückspielautomaten egalisiert der Wasserspender die Chancen für alle, die ihn bedienen. Dabei erlebt ein Drittel der Nutzer:innen, keinen Zugang zu Trinkwasser zu haben. Stattdessen erhalten sie weiterführende Informationen oder in der provokativen Variante direkt eine Spendenquittung.
Ausstellung auf der ThingsCon in Rotterdam
Der entwickelte Funktionsprototyp haben wir auf der ThingsCon 2022 in Rotterdam – einer Konferenz der globalen Initiative zur Förderung fairer, verantwortungsvoller und menschenzentrierter Technologien – ausgestellt.
Interaktionskonzept
- Die Nutzer:innen bedienen den Wasserspender, eine Zufallsanimation startet.
- Mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 erhalten die Nutzer:innen Wasser am Wasserspender
- Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 erhalten die Nutzer:innen kein Wasser, stattdessen einen Bon mit weiterführender Information oder nach Bezahlung eine Spendenquittung.
Design Prozess
// Scenario building
Let’s get speculative
Mit der Methode des Future-Wheels setzten wir Trends (Engagement und Aktivismus, digitaler Aktivismus sowie Abspaltung und Vermeidung) miteinander in Beziehung, um Raum für Konsequenzen und Spekulationen für die Welt 2041 zu schaffen.
Future Wheel: Trends im Umgang mit Privilegien
Zukunftsscenario: Die Welt 2041
Im Jahr 2041 prägen Klimakatastrophen, Krisen und Kriege die Welt. Die ständige Flut negativer Nachrichten führt dazu, dass Menschen in weniger betroffenen Regionen sich Nachrichten zunehmend meiden, um ihr Wohlbefinden zu schützen. Dadurch verstärken sich bestehende soziale Blasen, und es wird immer schwieriger, Menschen über globale Probleme zu informieren und zu erreichen.
// Konzeption
Wasserkriese: Aufklärung, Konfrontation, Provokation
Im entworfenen Scenario stellt sich die Frage, wie nicht von der Wasserkrise betroffenen Menschen überhaupt erreicht werden können, um sie als potenzielle Unterstützer:innen von spendenfinanzierten Hilfsprojekten zu gewinnen. Dabei spielen Aufklärung, Konfrontation und Provokation eine zentrale Rolle.
Wasserspender ➔ Wasser Spender
Im Designprozess entwickelten wir das Konzept des Wasserspenders, der die Chancen des globalen Zugangs zu sicherem Trinkwasser durch das Medium Wasser selbst darstellt und dieses Privileg erlebbar macht.
Meine ersten Skizzen des Wasserspenders in Anlehnung an einen Glückspielautomaten
// Prototyping
Programmablauf für das Konzept mit Bezahlung + Spendenquittung und ohne Bezahlung + Information
Programmablauf
Für den ersten Prototypen wurde die Variante ohne Bezahlung umgesetzt, bei der die Nutzer:innen in einem Drittel der Fälle statt Wasser einen Bon mit Informationen in ihrem Becher erhalten.
Funktionsprototyp Innen & Außen
Umsetzung im Funktionsprototypen
Für den prototypische Wasserspender konstruierte ich ein Gehäuse aus gelaserten MDF-Platten. Innen befinden sich ein großer Wasserkanister und alle technischen Komponenten, die über einen Raspberry PI und einen Arduino gesteuert werden. Die Visualisierung des Wassers erfolgt über eine Bildschirmanimation.
Explosionsdarstellung CAD der eingesetzten Komponenten
// Evaluation
Evaluation der Wirkung und Anregungen
Wir haben den entwickelten Prototyp erstmals im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung des Instituts Industrial Design ausgestellt. Dabei füllten 18 Besucher:innen im Anschluss eine online-Umfrage zum Nutzererlebnis, dem Lerneffekt und der Spendenbereitschaft aus. Die Gruppe bestand überwiegend aus Studierenden unter 30 Jahren.
Ergebnisse der Fragebögen mit 18 Testnutzer:innen
// Reflexion
Potenzial als Werbeinstrument für Spendenkampagnen
Durch den Ansatz der erlebnisbasierten Informationsvermittlung werden die Nutzer:innen emotional angesprochen und ein Bewusstsein für das Privileg des sicheren Trinkwasserzugangs geschaffen. Das Konzept der Installation „Ein Drittel“ könnte an öffentlichen Orten ein wirksames Werbeinstrument für Hilfsorganisationen darstellen.
Weiterentwicklungen:
- Design einer Vergleichsstudie zwischen der Installation „Ein Drittel“ und einem Informationsplakat mit einer größeren und diverseren Gruppe
- Evaluation der Akzeptanz gegenüber einer „unfreiwilligen Spende“ durch Bezahlung
- Entwicklung und Test eines Design-Prototypen
Learnings:
Wir lernten als Gruppe, unsere Stärken gezielt zu ergänzen und Aufgaben so zu planen, dass die Arbeitsschritte nahtlos ineinandergreifen.
Durch die Anwendung verschiedener Methoden des spekulativen Designs lernte ich, Trends miteinander in Beziehung zu setzen und plausible Konsequenzen für die Zukunft abzuleiten und zu explorieren.
Wir lernten unsere Arbeit zur Bewerbung für eine internationale Konferenz zu präsentieren und die Ausstellung vor Ort zu Planen.